Australien hat kürzlich eine weitreichende Entscheidung getroffen: Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren dürfen keine sozialen Medien mehr nutzen. Diese Maßnahme, die als Schutz für die Jüngsten gedacht ist, wirft tiefgreifende Fragen auf, die nicht nur ethischer, sondern auch philosophischer Natur sind.
Wie beeinflusst ein solches Verbot die Autonomie Heranwachsender?
Ist staatliche Fürsorge in dieser Form gerechtfertigt?
Und was bedeutet dies für die digitale Freiheit in einer zunehmend vernetzten Welt?
Doch sind eigentlich immer Gesetze oder Verbote nötig, um etwas zu regulieren?
In diesem Artikel will ich einige Fragen beleuchten, denn ich bin mir nicht sicher, ob das Gesetz zu dem Ergebnis führt, was sich die Politik davon erhofft.
Übersicht
Freiheit versus Fürsorge
Der Staat hat den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber eine Fürsorgepflicht, so wie Eltern sich um ihre Kinder kümmern. Früh werden einem von den Eltern Dinge beigebracht oder auch aufgezeigt was verboten ist.
Ideen von gut und schlecht werden einem nähergebracht oder vielleicht sogar anerzogen.
Als Kind hat man viele Freiheiten, aber eben auch Einschränkungen, die man manchmal nur bedingt wahrnimmt.
Sowohl Staat als auch Eltern bringen den (jungen) Menschen auf einen ungefähren Lebensweg.
Doch gibt es auch Eltern, die dem Kind so gut wie alles vorschreiben wollen und es bspw. bestraft, wenn es schlechte Zensuren mit nach Hause bringt.
Dabei geht es dann gar nicht unbedingt mehr darum, dass das Kind gegen eine Regel verstoßen hat, sondern, dass das Kind nicht in die Illusion einer Welt, wie sie sein sollte, in die der Eltern passt.
Einige Eltern oder Erwachsene haben sich eine Welt des Absoluten aufgebaut, die eigentlich schon ins Solipsistische geht. Diese Idee einer Welt oder Realität werden dann auch die Kinder und Jugendlichen untergeordnet.
Kurz gesagt: Sie haben zu funktionieren.
Dieser Aspekt geht weit über die eigentliche Fürsorge hinaus und beschränken die Freiheit des Kindes massiv.
Die Grundfrage lautet: In welchem Verhältnis stehen Freiheit und Fürsorge?
Kinder und Jugendliche befinden sich in einer Lebensphase, in der sie sich selbst und die Welt um sie herum erst entdecken. Dabei ist Autonomie – die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen – ein zentraler Bestandteil ihrer Entwicklung.
Philosophen wie Immanuel Kant betonten die Wichtigkeit der Aufklärung, also den Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen.
Andererseits betonte Kant auch die Notwendigkeit der Anleitung in der Kindheit, um überhaupt zur Mündigkeit zu gelangen. Könnte das australische Gesetz also als eine Art „pädagogische Leitung“ verstanden werden, die junge Menschen schützt, bevor sie die Konsequenzen ihres Handelns vollständig überblicken können?
Zudem stellt sich die Frage, ob soziale Medien in diesem Fall der Aufklärung dienen oder nicht einfach nur Konsumgüter sind.
Denn zwar können sie zur Aufklärung beitragen, jedoch ist ihr primäres Ziel, mit dem Konsumenten Geld zu verdienen und diesen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten.
Digitale Räume: Erweiterung oder Gefahr?
Soziale Medien schaffen digitale Räume, in denen sich Jugendliche vernetzen, ausdrücken und ihre Identität formen können. Diese Räume sind jedoch nicht frei von Gefahren.
Cybermobbing, Datenschutzverletzungen und algorithmische Manipulationen sind nur einige der Herausforderungen.
John Stuart Mill, ein Verfechter der individuellen Freiheit, argumentierte, dass Eingriffe des Staates nur dann gerechtfertigt sind, wenn sie Schaden verhindern.
Im digitalen Kontext stellt sich die Frage: Sind soziale Medien für Jugendliche so schädlich, dass ein Verbot notwendig ist?
Oder liegt die Verantwortung bei den Eltern, diese Risiken zu minimieren, während sie ihren Kindern den Zugang ermöglichen?
Er argumentierte ebenso, dass Menschen nur durch die Erfahrung von Fehlern und deren Konsequenzen wachsen können. Die Herausforderung ist, wie dies in einem sicheren Rahmen geschehen kann, ohne Kinder unnötigen Risiken auszusetzen.
Vergangene Studien haben gezeigt, dass sich soziale Medien auf die Psyche Jugendlicher auswirken können. Doch ist diese Auswirkung so groß, dass es den Staat zum Eingreifen bedarf?
Hätten nicht auch andere Kampagnen oder Regulierungen geholfen?
Bisher scheint auch noch unklar zu sein, wie das Gesetz umgesetzt werden soll, da nun neue Fragen aufgeworfen wurden z.B. nach dem Datenschutz und wer das alles überprüfen bzw. überwachen soll.
John Stuart Mill könnte in diesem Zusammenhang den Staat als zu übergriffig empfinden, denn potenziell geht das weit über das hinaus, was nötig wäre.
Jean-Jacques Rousseau und John Locke betonten die Bedeutung der Erziehung für die Entwicklung des Menschen. Doch wer trägt letztlich die Verantwortung für die digitale Erziehung?
Rousseau würde vermutlich argumentieren, dass Kinder in einer möglichst natürlichen Umgebung aufwachsen sollten, fern von den Einflüssen der digitalen Welt.
Locke hingegen könnte anmerken, dass Eltern eine aktive Rolle spielen müssen, um ihre Kinder schrittweise in die Gesellschaft – einschließlich digitaler Räume – einzuführen.
Eines der größten Probleme dabei, auch wenn Locke nicht ganz unrecht haben würde: Viele der Eltern haben von den digitalen Medien kaum Ahnung und setzen sich nicht intensiv damit auseinander. Sie sind ebenso Konsumenten der sozialen Medien und betrachten diese selten kritisch.
Gleichzeitig ist es auch so, dass nur wenige Länder überhaupt Unterricht für Medienkompetenz anbieten.
Das bedeutet man hat Eltern, die sich kaum mit den sozialen Medien oder dem Internet auskennen, keine passende Anleitung über die Lehreinrichtungen und Kinder, die diese Medien ungehindert nutzen können.
Es wird also schnell klar, dass hier viele unregulierte Punkte ineinandergreifen.
Das Recht auf eine analoge Kindheit
Ein weiteres Argument, das Befürworter des Verbots ins Feld führen könnten, ist das Recht auf eine analoge Kindheit. Hannah Arendt, die sich intensiv mit dem Begriff des „Privaten“ auseinandersetzte, könnte darauf hinweisen, dass die digitale Welt Kinder ihrer Privatsphäre beraubt. Kinder haben das Recht, geschützt aufzuwachsen, ohne dem ständigen Druck der Selbstdarstellung ausgesetzt zu sein.
Vor allem, weil man nicht vergessen sollte, dass die sozialen Medien zu einem großen Teil eine Illusion darstellen. Influencer und Co. stellen etwas dar, was nicht der Wirklichkeit entspricht, sondern sie damit ihr Geld verdienen.
Man könnte sagen sie erzählen Geschichten, und zwar solche, die die Menschen hören (bzw. sehen) wollen. Nicht die Realität ist dabei wichtig, sondern das was viele Klicks und Likes generiert, denn nur so wird das Produkt verkauft.
Das bedeutet auch, dass viele Kinder und Jugendliche das gar nicht verstehen, sondern als Realität wahrnehmen. Somit z.B. auch falsche Körperbilder oder Verhaltensweisen.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob es gerechtfertigt ist, diese Entscheidung pauschal für alle zu treffen.
Nicht alle Jugendlichen sind gleichermaßen von den negativen Folgen sozialer Medien betroffen. Ein Verbot mag zwar ggf. präventiv wirken, könnte jedoch auch potenziell positive Erfahrungen und Lernmöglichkeiten unterbinden.
Außerdem ist es dann doch auch so, dass wenn der Staat diese Freiheit der Kinder und Jugendlichen reguliert, dass dieser auch Alternativen zur Verfügung stellen sollte, um ihre soziale, politische und kulturelle Entwicklung zu fördern.
Nicht zu vergessen, sollten die Kinder und Jugendlichen auch weiterhin auf die digitale Welt vorbereitet werden.
Auch wenn Hannah Arendt nicht ganz unrecht mit der behüteten Kindheit hat, so stellt sich die Frage, ob Kinder und Jugendliche ab einem gewissen Punkt nicht selbst entscheiden und ob nicht zudem auch die Eltern hierbei eine tragende Rolle spielen sollten.
Ethische Verpflichtung der Plattformen
Viele Unternehmen sehen sich in erster Linie als Profitorientierte und nur begrenzt als moralische Akteure. Doch Philosophen wie Hans Jonas fordern in ihrer Ethik der Verantwortung, dass jene, die Macht haben (in diesem Fall Plattformen), auch eine Pflicht zum Schutz der Schwächeren tragen.
Sollte also die Verpflichtung nicht beim Staat oder den Eltern, sondern bei den Plattformen selbst liegen?
Warum werden bei diesem Gesetz nun die Schwächsten reguliert, anstatt die Stärksten?
Überspitzt gesagt schreibt hier der Staat den „Opfern“ etwas vor, anstatt den „Tätern“.
Wäre es nicht wünschenswerter eine ethische Richtlinie für so große Unternehmen einzuführen, die dann einhergeht mit einer transparenten Durchführung?
Oder haben solche Unternehmen eventuell gar nicht ein so wirkliches Interesse daran sich ethisch zu verhalten – zumindest Kindern und Jugendlichen gegenüber?
Wenn dem nicht so sein sollte: Warum benutzen wir sie dann als Erwachsene?
Warum konsumieren wir bei Firmen, die uns oder unseren Kindern gegenüber, keine ethischen Verpflichtungen sehen?
Natürlich haben einige Plattformen Community-Richtlinien, aber die sind meist eher Schein als Sein und vielmehr dazu gedacht, nicht gegen Gesetze zu verstoßen. Es handelt sich dementsprechend mehr um einen Selbstschutz, als dass es aus freien Stücken gemacht wird.
Umso klarer wird doch eigentlich auch, dass man selbst einfach nur Konsument ist, nichts weiter. Man ist das Produkt, das Geld generieren soll, damit reiche Leute, noch reicher werden.
Somit wäre es eigentlich im Sinne der Gesellschaft, wenn die Betreiber der sozialen Medien in die Pflicht genommen werden würden, anstatt, dass man Kindern und Jugendlichen diese Medien verbietet.
Denn was passiert bei Verboten?
Es werden unregulierte Alternativen gesucht und gefunden.
Möglicherweise sind die Auswirkungen dort dann noch schlimmer als bei den großen Plattformen.
Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die sozialen Medien sich für eine ethische Regulierung bereiterklären?
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Ein Verbot sozialer Medien für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren wird weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen haben. Einerseits könnte es dazu beitragen, die wachsende Abhängigkeit junger Menschen von digitalen Plattformen einzudämmen.
Studien zeigen, dass übermäßige Nutzung sozialer Medien mit Problemen wie verminderter Konzentrationsfähigkeit, Depressionen und einem gestörten Selbstbild einhergehen kann. Ein Verbot könnte daher als Versuch gewertet werden, eine „gesündere“ Jugendkultur zu fördern, die wieder stärker auf analoge soziale Interaktionen und Aktivitäten setzt. (Unsere Aufmerksamkeitsspanne Dinge auf einem Bildschirm sind übrigens von 150 Sekunden (2004) auf 75 Sekunden (2012) gefallen und liegen jetzt schon bei ca. 47 Sekunden. Quelle: University of California)
Doch wird der Staat das auch machen oder bleibt es bei einem reinen Verbot, ohne weitere Möglichkeiten und Alternativen zu schaffen?
Andererseits könnte ein solches Verbot zu einer digitalen Kluft zwischen den Generationen führen. Während Erwachsene und ältere Jugendliche weiterhin Zugang zu sozialen Medien haben, wird den Jüngeren eine zentrale Plattform der sozialen und kulturellen Teilhabe verwehrt.
Soziale Medien sind längst mehr als bloße Unterhaltungsportale; sie sind wichtige Werkzeuge zur Information, politischen Meinungsbildung und sozialen Vernetzung. Jugendliche könnten durch das Verbot von diesen Prozessen ausgeschlossen werden, was zu einer gewissen Isolation führen könnte.
Darüber hinaus könnte ein Verbot gesellschaftliche Spannungen verstärken, insbesondere zwischen jenen, die das Gesetz begrüßen, und solchen, die es als übergriffig empfinden.
Eltern, die Wert auf die Medienkompetenz ihrer Kinder legen, könnten sich durch staatliche Eingriffe in ihrer Erziehungskompetenz beschnitten fühlen, da der Staat hier in die Erziehung der Eltern eingreift.
Diese Spannungen könnten sich auch auf die Haltung gegenüber zukünftigen Regulierungsmaßnahmen im digitalen Bereich auswirken, sei es in Bezug auf Datenschutz, Algorithmen oder künstliche Intelligenz.
Im diesem Artikel der Tagesschau sagt der Familienvater Simon Kennedy „“Das Gesetz gibt Eltern und anderen in der Gesellschaft jetzt die Lizenz, Nein zu sagen, weil es ein Gesetz ist“.
Hier stellt sich mir die Frage: Warum benötigt ein Elternteil ein Gesetz dafür?
Aber es stellen sich auch langfristige Fragen und Auswirkungen auf die Gesellschaft zu diesem Thema.
Soziale Medien prägen die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, diskutieren und Beziehungen aufbauen. Wenn eine ganze Generation von dieser Form der Interaktion ausgeschlossen wird, könnte dies langfristig zu einem kulturellen Wandel führen.
Die „analoge“ Kommunikation könnte wieder stärker in den Vordergrund treten – jedoch mit der Gefahr, dass Jugendliche später Schwierigkeiten haben, digitale Kommunikationsnormen zu verstehen, die in Beruf und Gesellschaft zunehmend gefordert werden.
Die Medienkompetenz wird also dabei nicht gefördert, sondern potenziell sogar verhindert, was ,in unserer immer digitaler werdenden Welt, fatal ist.
Jugendliche, die erst spät Zugang zu sozialen Medien erhalten, könnten im Vergleich zu Gleichaltrigen aus Ländern ohne ähnliche Verbote Nachteile erleiden.
Digitale Kompetenzen, die im Umgang mit sozialen Medien erlernt werden, sind in vielen beruflichen und sozialen Kontexten unerlässlich. Die Fähigkeit, Plattformen effektiv zu nutzen, Netzwerke aufzubauen oder sich in der digitalen Öffentlichkeit zu positionieren, könnte unterentwickelt bleiben.
Dies könnte nicht nur individuelle Nachteile bringen, sondern auch gesellschaftliche und internationale Ungleichheiten verstärken, da dies auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt als solches hat.
Gleichzeitig könnte es paradoxe Auswirkungen auf die Psyche der Kinder und Jugendlichen haben.
Obwohl das Verbot psychische Belastungen wie Cybermobbing und falsche Körperideale reduzieren könnte, könnte es auch neue Probleme schaffen.
Jugendliche, die ausgeschlossen werden, könnten sich isoliert fühlen, insbesondere wenn soziale Medien eine wichtige Plattform für die soziale Integration ihrer Altersgenossen darstellen. Die Stigmatisierung des „Nicht-Dabei-Seins“ könnte also selbst zum Problem werden.
Was sind die Alternativen?
Ob der australische Gesetzgeber damit über das Ziel hinausgeschossen ist oder wie bestimmte Inhalte des Verbots umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.
Dennoch sollte man sich vielleicht proaktiv hierbei schon Gedanken machen, wie man in Zukunft mit diesem Thema der Jugend und den sozialen Medien umgehen möchte.
Was wären also ggf. Alternativen zu einem absoluten Verbot und der Gefahr, dass sich Kinder und Jugendliche auf anderen, unregulierten Plattformen austauschen?
Zum einen wäre da die Wichtigkeit der Medienkompetenzförderung. Schulen müssten Programme einführen, die Jugendlichen den verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Medien beibringen. Ein Verständnis für Datenschutz, algorithmische Manipulation und Cybermobbing könnte langfristig helfen, Risiken zu minimieren. Zudem sollte dieser Unterricht verpflichtend und mit kompetenten, dafür extra ausgebildeten Lehrkräften bestückt werden.
Es hilft niemandem, wenn dort Lehrkräfte eingesetzt werden, die einen Weiterbildungskurs in der „Benutzung des Internets“ gemacht haben, aber nicht wissen wie man eine E-Mail weiterleitet oder was zu tun ist, wenn es um Identitätsdiebstahl in sozialen Medien geht.
Außerdem müssten Eltern stärker in den Fokus gerückt werden, damit sie sich mit ihren Kindern und den sozialen Plattformen beschäftigen. Tools wie Bildschirmzeitbegrenzungen, gemeinsame Reflexionen über digitale Inhalte und regelmäßige Gespräche über den Umgang mit sozialen Medien könnten effektive Alternativen sein.
Dazu könnte der Staat diverse Plattformen und Aufklärungskampagnen bieten, an die sich die Eltern wenden bzw. von dort Informationen einholen können.
Ebenso hat der Staat die Möglichkeit die Betreiber der sozialen Medien stärker in die Pflicht zu nehmen. Verpflichtende Schutzmaßnahmen wie Altersverifikationen, Meldesysteme für schädliche Inhalte oder algorithmische Transparenz könnten dazu beitragen, die digitale Umgebung sicherer zu machen.
Aber auch technologische Anpassungen wären denkbar. Firmen wie Meta, Twitter und Co. müssten also verpflichtet werden jugendfreundliche Versionen ihrer Dienste anzubieten.
Diese könnten stärkere Datenschutzeinstellungen, reduzierte Werbeanzeigen und Algorithmen beinhalten, die den Fokus auf Bildung und positive soziale Interaktion legen.
Nicht zuletzt könnten sich Gesellschaftliche Initiativen darauf konzentrieren, die Abhängigkeit von sozialen Medien insgesamt zu verringern.
Kampagnen könnten analoge Hobbys und soziale Interaktionen fördern und gleichzeitig Bewusstsein für die negativen Auswirkungen übermäßiger Nutzung schaffen. Hierbei wäre als Schwerpunkt das „nach draußen“ – oder eine Art „zurück zur Realität“ sicherlich sinnvoll.
Nicht zuletzt: Man sollte die einbeziehen, um die es geht, also die Kinder und Jugendlichen, die gesellschaftlich von etwas ausgeschlossen werden, das eben auch sie betrifft und womit sie aufgewachsen sind.
Vorläufige Gedanken
Man kann also sehen, auch dass wenn Philosophen wie Jean-Jacques Rousseau und John Locke die Bedeutung der Erziehung für die Entwicklung des Menschen betonen, noch lange nicht geklärt ist, wer die Verantwortung für die digitale Erziehung trägt.
Der australische Gesetzgeber ist mit seinem Verbot in einen absolutistischen Bereich vorgestoßen, der die Kinder in andere Bereiche des Internets treiben kann, der eben kaum oder gar nicht reguliert wird.
Dieser Gedanke wird sicherlich einigen Eltern noch schwerer im Magen liegen als der Konsum der sozialen Medien als solches.
Natürlich ist Australien nicht das einzige Land, das mit dem Internet und insbesondere den sozialen Medien zu kämpfen hat. Das sieht man an den verschiedenen Versuchen und Ansätzen, die einige Länder probiert haben.
China setzt seine Regeln zur Internetnutzung sehr strikt seit 2021 durch. Dort darf bspw. TikTok von unter 18-Jährige nur noch 40 Minuten täglich genutzt werden, und dies ausschließlich zwischen 6 und 22 Uhr.
Diese Regulierung geht aber natürlich mit starker Einschränkung persönlicher Freiheiten einher und die Gefahr, dass Jugendliche keine Selbstkontrolle entwickeln, so Kritiker.
Ich würde hier kurz innehalten für einen Gedanken: Wenn soziale Medien darauf ausgemacht sind, die Nutzer auf ihren Plattformen zu halten, das bedeutet auch, nachweislich psychologische Tricks verwendet werden (bspw. das hin und her wischen oder liken), somit also diese Plattformen in ihrer jetzigen Form beabsichtigen „süchtig zu machen“, inwiefern sollte man diese Plattformen dann als „Suchtmittel“ betrachten?
Würde der Staat dieses Suchtmittel regulieren, dann müsste es jedoch auch behandelt und gekennzeichnet werden wie alle anderen Suchtmittel auch.
Dass China hier so hart bei einem Produkt aus dem eigenen Land durchgreift, ist eigentlich bezeichnend für das Produkt und sollte in dem Fall dann auch von anderen Ländern stärker beäugt werden.
Südkorea hat einige Zeit mal versucht die Online-Spiele Sucht von unter 16-Jährigen zu regulieren, was aber nach 10 Jahren wieder aufgehoben wurde, weil es einfach nicht den gewünschten Effekt – die Förderung von gesundem Verhalten – nicht erreichte. Stattdessen setzt Südkorea nun auf ein System, bei dem Eltern und Kinder gemeinsam die Spielzeiten festlegen.
In Europa versucht man es mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Plattformen müssen die Zustimmung der Eltern einholen, bevor Kinder unter 16 Jahren einen Account erstellen können.
Diese Regel setzt auf den Schutz der Daten, überlässt die Medienerziehung jedoch weitgehend den Eltern.
Kritiker bemängeln, dass viele Plattformen die Altersverifikation umgehen und somit die Verantwortung nicht konsequent wahrnehmen, was mitunter an den läppischen Strafen gegenüber den Plattformbetreibern liegt, wenn es überhaupt welche gibt.
Das einzige Land, was in letzter Zeit etwas wirklich Gravierendes gegen eine Plattform unternommen hat, war Brasilien.
Hierbei sollte ein rechtlicher Vertreter innerhalb des Landes benannt werden, was Twitter nicht machte und die Frist dafür verstreichen ließ. Zudem sperrte Twitter bestimmte rechtsgerichtete Konten nicht, die zudem Verschwörungserzählungen verbreiteten. Somit wurde nur ungenügend gegen die Verbreitung von Hassrede und Verschwörungstheorien vorgegangen.
Da Elon Musk bzw. Twitter nicht darauf einging, wurde der Dienst nicht nur mit einer Strafe von 4,7 Millionen Euro belangt (die mittlerweile bezahlt wurden), sondern der Dienst wurde offiziell aus dem Land ausgesperrt.
Twitter lenkte einige Zeit später ein und ist nun auch dort wieder zu erreichen, denn bei täglich 22 Millionen Nutzern im größten Land Südamerikas, die dann plötzlich wegfallen, gehen definitiv auch Einnahmen verloren.
Man sieht also, dass es diverse Alternativen und Möglichkeiten gibt, die man in dieses Thema einfließen lassen kann. Bisher machen viele Länder keine wirklichen Anstalten, hier auch nur irgendwas zu regulieren oder sie schießen, wie Australien, völlig über das Ziel hinaus, ohne sich mit dem Thema tiefgehend zu beschäftigen.
Diese Fragen und das Thema um die sozialen Medien im Allgemeinen, werden uns die nächsten Jahre noch intensiver beschäftigen. Nicht zuletzt, weil letztens durch eine Studie der University of British Columbia herauskam, dass es eben darauf ankommt wie man das soziale Medien nutzt – manchmal benötigt man eben nur eine Anleitung.
Für Eltern, Pädagogen, die Gesellschaft als Ganzes und ganz besonders die Politik bedeutet dies, sich der Verantwortung bewusst zu werden, die mit der Digitalisierung einhergeht.
Ob ein Verbot der richtige Weg ist, bleibt eine offene Frage – eine, die wir nur durch reflektierten Diskurs beantworten können.
Was denkst du?
Kann ein Verbot wie in Australien ein Beispiel für andere Länder sein, oder sollten wir andere Wege finden, Kinder und Jugendliche in der digitalen Welt zu schützen?
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